Tierschutzgesetz und 1. Tierhaltungsverordnung
In § 13 Tierschutzgesetz (TSchG) werden die Grundsätze der Tierhaltung geregelt. Die Haltung darf nach dem anerkannten Stand der Wissenschaft das Wohlbefinden der Tiere nicht beeinträchtigen. Tiere sind so zu halten, dass das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit, die Bodenbeschaffenheit, die bauliche Ausstattung der Unterkünfte und Haltungsvorrichtungen, das Klima, insbesondere Licht und Temperatur, die Betreuung und Ernährung sowie die Möglichkeit zu Sozialkontakt unter Berücksichtigung der Art, des Alters und des Grades der Entwicklung, Anpassung und Domestikation der Tiere ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen sind. Basierend auf dieser Bestimmung verankert die 1. Tierhaltungsverordnung Mindestbedingungen für die Haltung von Hühnern. Bei näherer Betrachtung dieser Verordnung wird schnell klar, dass diese Bestimmungen tatsächlich nur das Mindeste zum Wohle der Tiere regeln.
Allgemeine Haltungsvorschriften für Hausgeflügel
Unter Hausgeflügel versteht die 1. Tierhaltungsverordnung domestiziertes Geflügel der Art Gallus gallus, Truthühner, Gänse, Enten, Japanwachteln und Perlhühner. Je nach Nutzungsart unterscheidet die 1. Tierhaltungsverordnung das Haushuhn Gallus gallus weiter in Legehennen, Zuchttiere und Masthühner. Die im Folgenden auszugsweise beschriebenen allgemeinen Haltungsvorschriften gelten für alle Formen von Hausgeflügel.
Ausgestaltung der Ställe
Die Haltungssysteme müssen so gestaltet sein, dass die Hühner nicht entweichen können. In geschlossenen Ställen müssen natürliche oder mechanische Lüftungsanlagen vorhanden sein. In Geflügelställen ist im Tierbereich in der Lichtphase eine Lichtstärke von mindestens 20 Lux zu erreichen. Zur Einordnung: 20 Lux ist in etwa so hell wie zwei Straßenlaternen. Diese Beleuchtung muss dabei nicht durch natürliches Licht erreicht werden. Nach den Mindest-Haltungsbedingungen ist es somit zulässig die Hühner in einem Stall ohne Fenster und somit ohne jegliches Tageslicht zu halten. Erfolgt die Beleuchtung nicht durch künstliches Licht, sondern ausschließlich durch natürliches Licht, müssen die Lichtöffnungen eine gleichmäßige Verteilung des Lichts im Stallbereich sicherstellen.
Zulässigkeit des Schnabelkürzens im Rahmen der Hühnerhaltung
Das Ziel von Massentierhaltungen ist es mit geringen Kosten möglichst viele tierische Produkte herzustellen. Zielsetzung ist es dabei nicht den Tieren ein möglichst schönes Leben bis zu ihrer Schlachtung zu gewähren. Das wird auch daran erkennbar, dass die Körper der Tiere häufig durch Eingriffe an die Form der Haltung angepasst werden. Durch unzureichende Haltungsbedingungen (z.B. zu wenig Beschäftigungsmaterial, zu wenig Platz, nicht ausreichende Hygiene,…) kann es bei den Tieren zur Entwicklung von Verhaltensstörungen kommen. Eine bekannte Verhaltensstörung im Rahmen der Schweinehaltung ist das Schwanzbeißen, im Zuge dessen meist die Schwänze der Schweine kupiert werden (https://www.oejgt.at/verbot-des-routinemaessigen-schwanzkupierens-bei-schweinen-rechtslage-in-oesterreich/). Verhaltensstörungen im Rahmen der Hühnerhaltung stellen das Federpicken und der Kannibalismus dar. Die Schnäbel der Hühner werden gekürzt (teilweise entfernt) um dieser Verhaltensstörung entgegenzuwirken. Ein weiterer Fall der Anpassung von Tieren an Haltungssysteme, anstelle der Anpassung der Haltungssysteme an die Bedürfnisse der Tiere.
In Österreich zulässig ist das Kürzen von maximal einem Drittel des Schnabels bei weniger als 10 Tagen alten Küken von Hühnern. Der Eingriff darf von einem Tierarzt: einer Tierärztin oder einer sonstigen sachkundigen Person durchgeführt werden. Eine Betäubung oder Schmerzbehandlung ist dabei nicht vorgeschrieben.
Bei näherer Analyse der EU-rechtlichen Bestimmungen zur Haltung von Hühnern, die Österreich als Mitgliedsstaat einzuhalten hat, wird erkennbar, dass Österreich die unionsrechtlichen Grundlagen nicht ausreichend umsetzt. Anhang I Punkt 12 der EU Richtlinie mit Mindestvorschriften zum Schutz von Masthühnern (2007/43/EG https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX%3A02007L0043-20191214) legt fest, dass das Stutzen des Schnabels von Masthühnern zwar genehmigt werden kann, aber erst wenn alle anderen Maßnahmen zur Vermeidung von Federpicken oder Kannibalismus ausgeschöpft wurden. Im österreichischen Recht wird dieses Erfordernis für das Kürzen der Schnäbel nicht verankert.
Ähnlich wie im Fall der mangelhaften Umsetzung des unionsrechtlich geregelten Verbots des routinemäßigen Schwanzkupierens bei Schweinen (siehe nochmal: https://www.oejgt.at/verbot-des-routinemaessigen-schwanzkupierens-bei-schweinen-rechtslage-in-oesterreich/) erlaubt Österreich also auch im Bereich der Hühnerhaltung Eingriffe an den Tieren ohne die erforderliche Ausschöpfung anderweitiger Maßnahmen zu fordern.
Betreuung der Hühner
Die Mindestvorschriften zur Betreuung der Hühner zeichnen sich durch eine Vielzahl unbestimmter Begriffe aus. Solange die Stallungen besetzt sind, müssen alle Oberflächen und sämtliche Anlagen in zufriedenstellender Weise sauber gehalten werden. Was genau unter “zufriedenstellende Weise” verstanden wird, ist dabei nicht festgelegt. Ausscheidung der Tiere sind so oft wie nötig zu entfernen.
Eigens festgelegt ist außerdem, dass tote Tiere täglich aus dem Stall zu entfernen sind. Dass dieser Umstand extra festgeschrieben wurde, könnte darauf hinweisen, dass es häufig zu Todesfällen im Stall kommt.